News

Hotelbetreiber in der COVID-19 Krise

Ret­tung durch Re­struk­tu­rie­rung im Plan­ver­fah­ren (Re­struk­tu­rie­rungs­plan & In­sol­venz­plan)

Die enor­men wirt­schaft­li­chen Aus­wir­kun­gen der welt­wei­ten CO­VID-19-Pan­de­mie ha­ben die deut­sche Wirt­schaft in vie­len Be­rei­chen mas­siv ge­trof­fen. Ei­ne (wenn nicht die) mit am stärks­ten be­trof­fe­ne Bran­che ist die der Ho­tel­be­trei­ber. Auf­grund von Be­her­ber­gungs­ver­bo­ten und Rei­se­be­schrän­kun­gen zur Ein­däm­mung von CO­VID-19 wa­ren Ho­tel­be­trie­be über wei­te Stre­cken des Jah­res 2020 ge­schlos­sen und sind es auch heu­te noch, wes­halb die Um­sät­ze deut­lich zu­rück­ge­gan­gen sind.

Als Re­ak­ti­on auf die­se Ent­wick­lun­gen hat die Re­gie­rung ei­ne Rei­he von Maß­nah­men er­grif­fen, um den wirt­schaft­li­chen Fol­gen der Pan­de­mie ent­ge­gen­zu­wir­ken und die Be­trof­fe­nen zu un­ter­stüt­zen. Mil­li­ar­den­schwe­re Hilfs­pa­ke­te um­fas­sen di­ver­se (Hilfs-)Maß­nah­men wie staat­li­che Kre­di­te, staat­li­che Ga­ran­ti­en und ver­lo­re­ne Zu­schüs­se. Ne­ben die­sen Maß­nah­men, wel­che in ers­ter Li­nie die Li­qui­di­tät ei­nes be­trof­fe­nen Un­ter­neh­mens si­cher­stel­len sol­len, hat die Re­gie­rung die In­sol­venz­an­trags­pflicht un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen mehr­fach aus­ge­setzt (zu­letzt bis zum 30. April 2021). Zu­sam­men­ge­nom­men bie­ten die­se Maß­nah­men fi­nan­zi­el­le Un­ter­stüt­zung für Un­ter­neh­men der Ho­tel­bran­che und ge­wäh­ren ih­nen ein we­nig Zeit, sich auf die neu­en Her­aus­for­de­run­gen ein­zu­stel­len.

Gleich­wohl wird ei­ne Viel­zahl von Ho­tel­be­trie­ben wei­ter­hin un­ter den Aus­wir­kun­gen der Kri­se lei­den und in fi­nan­zi­el­le Eng­päs­se ge­ra­ten. Auch bleibt ab­zu­war­ten, in­wie­fern sich ins­be­son­de­re im Be­reich der Ge­schäfts­rei­sen das Ver­hal­ten der Ho­tel­gäs­te nach­hal­tig ver­än­dern wird. Pro­gno­sen, ob und wann mit ei­ner Nor­ma­li­sie­rung die­ser Bran­che ge­rech­net wer­den kann, las­sen sich zum jet­zi­gen Zeit­punkt kaum ver­läss­lich tref­fen. Um ei­nen Ver­lust oder ei­ne Zer­schla­gung des Ho­tel­be­triebs im Rah­men ei­nes In­sol­venz­ver­fah­rens im We­ge des Ver­kaufs bzw. der Li­qui­da­ti­on durch ei­nen In­sol­venz­ver­wal­ter zu ver­mei­den, ist be­trof­fe­nen Be­trie­ben drin­gend zu emp­feh­len, sich zeit­nah mit der Mög­lich­keit ei­ner um­fas­sen­den Re­struk­tu­rie­rung aus­ein­an­der­zu­set­zen.

Am 1. Ja­nu­ar 2021 ist das Ge­setz über den Sta­bi­li­sie­rungs- und Re­struk­tu­rie­rungs­rah­men für Un­ter­neh­men (StaRUG) in Kraft ge­tre­ten. Hier­mit hat der Ge­setz­ge­ber die EU-Re­struk­tu­rie­rungs­richt­li­nie für ein um­fas­sen­des Sa­nie­rungs­in­stru­ment au­ßer­halb von for­ma­len In­sol­venz­ver­fah­ren um­ge­setzt. Da­mit be­steht jetzt auch in Deutsch­land für ein fi­nan­zi­ell an­ge­schla­ge­nes Un­ter­neh­men ei­ne kon­kre­te Ge­stal­tungs­mög­lich­keit in Ei­gen­re­gie, oh­ne ein In­sol­venz­ver­fah­ren durch­lau­fen zu müs­sen. In un­se­rem Blog-Bei­trag vom 12. Ok­to­ber 2020 ha­ben wir be­reits von dem Re­fe­ren­ten­ent­wurf des StaRUG und sei­nen Aus­wir­kun­gen für Mie­ter und Ver­mie­ter be­rich­tet. Ent­schei­den­de Re­ge­lun­gen wie die Mög­lich­keit der ge­richt­li­chen Be­en­di­gung von Miet­ver­trä­gen wur­den je­doch in letz­ter Mi­nu­te aus der fi­na­len Fas­sung des Ge­set­zes ge­stri­chen.

Zu­sam­men­ge­fasst be­inhal­tet das Re­struk­tu­rie­rungs­plan­ver­fah­ren für das an­ge­schla­ge­ne Un­ter­neh­men nun die fol­gen­den we­sent­li­chen Vor­tei­le bei ei­ner Re­struk­tu­rie­rung:

  • Ret­tung, Re­or­ga­ni­sa­ti­on und Fort­füh­rung des be­ste­hen­den Un­ter­neh­mens

  • Mög­lich­keit der Stun­dung bzw. des (voll­stän­di­gen oder teil­wei­sen) Er­las­ses von For­de­run­gen durch Gläu­bi­ger

  • Kei­ne Li­qui­da­ti­on und kei­ne Ver­äu­ße­rung des Un­ter­neh­mens durch ei­nen In­sol­venz­ver­wal­ter

  • Mög­lich­keit der Re­ge­lung sämt­li­cher ge­sell­schafts­recht­lich zu­läs­si­ger Maß­nah­men

  • Bei­be­hal­tung von Ma­nage­ment-Res­sour­cen und Ge­schäfts­be­zie­hun­gen, die für den Ge­schäfts­be­trieb er­for­der­lich sind

  • Fort­füh­rung lau­fen­der Ver­trä­ge

  • Auf­recht­er­hal­tung von Kon­zes­sio­nen und Li­zen­zen, die für den Ge­schäfts­be­trieb er­for­der­lich sind

  • Das bis­he­ri­ge Ma­nage­ment führt das Un­ter­neh­men fort

  • Flan­kie­ren­de In­stru­men­te zur Sta­bi­li­sie­rung, z.B. Voll­stre­ckungs- und Ver­wer­tungs­sper­ren, Aus­set­zung von Gläu­bi­ger­insol­venz­an­trä­gen und Ein­schrän­kung von Leis­tungs­ver­wei­ge­rungs-, Ver­trags­be­en­di­gungs- und Ab­än­de­rungs­rech­ten der Ver­trags­part­ner

  • Ver­schie­de­ne Steu­er­vor­tei­le

  • Vie­le Par­al­le­len zum er­folg­rei­chen eng­li­schen „Sche­me of Ar­ran­ge­ment“

  • Und nicht zu­letzt: zü­gi­ge Um­set­zung der Re­struk­tu­rie­rung

Der Re­struk­tu­rie­rungs­plan kann Re­ge­lun­gen in Be­zug auf we­sent­li­che Ver­mö­gens­wer­te, Ver­bind­lich­kei­ten und An­tei­le des in Not ge­ra­te­nen Un­ter­neh­mens ent­hal­ten. Er kann ins­be­son­de­re ei­nen (teil­wei­sen) For­de­rungs­ver­zicht zur Ver­rin­ge­rung der Schul­den­last, Stun­dun­gen zur Si­che­rung der Li­qui­di­tät so­wie al­le Ar­ten von ge­sell­schafts­recht­lich zu­läs­si­gen Maß­nah­men um­fas­sen. Der Re­struk­tu­rie­rungs­plan kann auch die Rech­te der In­ha­ber von For­de­run­gen ge­stal­ten, die durch grup­pen­in­ter­ne Dritt­si­cher­hei­ten ge­si­chert sind. Aus­ge­nom­men sind ins­be­son­de­re For­de­run­gen von Ar­beit­neh­mern. Da­ne­ben kann auf Grund­la­ge des Plans nicht in künf­ti­ge For­de­run­gen und – ent­ge­gen dem ur­sprüng­li­chen Ge­set­zes­ent­wurf – auch nicht in miet­ver­trag­li­che Ne­ben­be­stim­mun­gen ein­ge­grif­fen wer­den. Da­mit muss aus Ver­mie­ter­sicht we­der die zwangs­wei­se Kür­zung der ver­ein­bar­ten Mie­te für die Zu­kunft noch die Ge­stal­tung von Ne­ben­kos­ten-Ab­re­den, Re­ge­lun­gen zu In­stand­hal­tungs-, In­stand­set­zungs- und Er­satz­pflich­ten des Mie­ters, zu FF&E-Re­ser­ven oder an­de­ren Si­che­rungs­re­ge­lun­gen be­fürch­tet wer­den. Der In­halt des Plans bleibt den Par­tei­en im Rah­men der ge­setz­li­chen Vor­ga­ben weit­ge­hend über­las­sen. Das Plan­ver­fah­ren dient so­mit der Si­cher­stel­lung ei­ner ein­ver­nehm­li­chen Ge­samt­lö­sung zwi­schen dem Schuld­ner und sei­nen Gläu­bi­gern.

Der Plan muss von den Gläu­bi­gern ge­neh­migt wer­den. Dies ge­schieht bei Ein­grif­fen oh­ne die Zu­stim­mung al­ler Be­trof­fe­nen im sog. Er­ör­te­rungs- und Ab­stim­mungs­ter­min. Da­zu wer­den die Gläu­bi­ger in ver­schie­de­ne Grup­pen ein­ge­teilt. Grund­sätz­lich ist zur An­nah­me des Plans die Zu­stim­mung je­der Gläu­bi­ger­grup­pe er­for­der­lich. Die Zu­stim­mung ei­ner Gläu­bi­ger­grup­pe er­for­dert ei­ne Mehr­heit von 75 Pro­zent der Stimm­rech­te in die­ser Grup­pe. Das be­deu­tet, dass ab­wei­chen­de Min­der­heits­gläu­bi­ger in­ner­halb ei­ner Grup­pe bei ent­spre­chen­der Mehr­heit der üb­ri­gen Gläu­bi­ger über­stimmt wer­den kön­nen. Zu­dem kann die ver­wei­ger­te Zu­stim­mung gan­zer Grup­pen von Gläu­bi­gern bzw. An­teils­in­ha­bern im We­ge des so­ge­nann­ten „Cross-Class Cram Downs“ durch das Ge­richt er­setzt wer­den. All dies er­mög­licht dem an­ge­schla­ge­nen Un­ter­neh­men er­heb­li­che Spiel­räu­me.

Ent­ge­gen der ur­sprüng­li­chen Idee des Ge­setz­ge­bers kön­nen durch ei­nen Re­struk­tu­rie­rungs­plan au­ßer­halb der In­sol­venz lau­fen­de (lang­fris­ti­ge) Ver­trä­ge (z.B. lang­fris­ti­ge Miet-/Pacht­ver­trä­ge oder Fran­chise­ver­trä­ge) nicht be­en­det wer­den, so­weit sie nach der er­folg­rei­chen Um­struk­tu­rie­rung nicht mehr be­nö­tigt wer­den. Dies ist nur mög­lich durch In­sol­venz­plä­ne im Rah­men ei­nes In­sol­venz­plan­ver­fah­rens, oft­mals in Kom­bi­na­ti­on mit ei­nem Schutz­schirm­ver­fah­ren,  auf Grund­la­ge des drei­mo­na­ti­gen Son­der­kün­di­gungs­rechts des In­sol­venz­ver­wal­ters bzw. des ei­gen­ver­wal­ten­den Schuld­ners ge­mäß § 109 Abs. 1 S. 1 In­sO. Vor die­sem Hin­ter­grund las­sen sich nur mit die­sem In­stru­ment et­wa im Fal­le von Ho­tel­ket­ten se­lek­tiv nicht ren­ta­ble Stand­or­te „schlie­ßen“. Der In­sol­venz­plan er­mög­licht in­so­fern ein Ver­schlan­ken des Port­fo­li­os und ei­ne Fo­kus­sie­rung auf die ren­ta­blen Stand­or­te.

Da der Re­struk­tu­rie­rungs­plan in wei­ten Tei­len dem In­sol­venz­plan nach­ge­bil­det wor­den ist, bie­tet der In­sol­venz­plan im Üb­ri­gen ähn­li­che Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten wie oben für den Re­struk­tu­rie­rungs­plan dar­ge­stellt. Me­dia­les Echo in Be­zug auf die­ses Sa­nie­rungs­in­stru­ment hat jüngst der An­trag der Ad­ler Mo­de­märk­te AG auf Er­öff­nung ei­nes ent­spre­chen­den Ver­fah­rens in Ei­gen­ver­wal­tung mit dem Ziel ei­nes In­sol­venz­plans ge­fun­den. Wei­te­res pro­mi­nen­tes Bei­spiel aus der letz­ten Zeit ist das Schutz­schirm­ver­fah­ren der Ga­le­ria Kar­stadt Kauf­hof GmbH. Das deut­sche In­sol­venz­plan­ver­fah­ren ba­siert auf dem US-ame­ri­ka­ni­schen Chap­ter 11-Ver­fah­ren, ei­nem äu­ßerst ef­fek­ti­ven und viel ge­nutz­ten In­stru­ment zur Un­ter­neh­mens­re­struk­tu­rie­rung. Das Ho­gan Lovells Re­struk­tu­rie­rungs-Team ver­fügt über weit­rei­chen­de Er­fah­rung auf die­sem spe­zi­el­len Ge­biet und kann auf ei­ne Viel­zahl er­folg­rei­cher Sa­nie­run­gen durch In­sol­venz­plan zu­rück­bli­cken.

So­wohl der Re­struk­tu­rie­rungs­plan wie auch der In­sol­venz­plan die­nen der Fort­füh­rung des Ge­schäfts­be­triebs. Bei­de Sa­nie­rungs­ver­fah­ren ma­chen in den Fäl­len Sinn, in de­nen aus wirt­schaft­li­cher Sicht ei­ne rea­lis­ti­sche Chan­ce be­steht, dass der Ho­tel­be­trieb tat­säch­lich sa­niert und fort­ge­führt wer­den kann. In ei­ner Zeit, in der die­se Be­trie­be zwar mit gra­vie­ren­den, aber letzt­lich vor­über­ge­hen­den Pro­ble­men kon­fron­tiert sind, bie­ten bei­de Plan­ver­fah­ren hilf­rei­che Werk­zeu­ge zur er­folg­rei­chen Re­struk­tu­rie­rung.

 

Verfasst von Marc P. Werner,  Dr. Christian Herweg, Dr. Susann Brackmann and Dr. Jan Fürbaß.

Search

Jetzt registrieren und personalisierte Inhalte erhalten!