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COVID-19 – Neue OLG Entscheidungen zur Mietzahlungspflicht im ersten Lockdown

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Gleich drei Ober­lan­des­ge­rich­te hat­ten sich im Fe­bru­ar 2021 mit der Fra­ge zu be­fas­sen, ob und auf wel­cher recht­li­chen Grund­la­ge die im Ein­zel­fall ver­ein­bar­ten Mie­ten auf­grund der be­hörd­li­chen Schlie­ßungs­an­ord­nun­gen wäh­rend des ers­ten Lock­downs vor­über­ge­hend zu re­du­zie­ren sind. Nach den im Fol­gen­den kom­men­tier­ten Ent­schei­dun­gen dürf­te fest­ste­hen, dass die Fol­gen des Lock­downs we­der ei­nen Man­gel des Miet­ge­gen­stan­des, noch ei­nen Fall der Un­mög­lich­keit dar­stel­len, son­dern über das In­stru­ment der Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge zu re­geln sind. Im Hin­blick auf die im Rah­men des § 313 BGB an­zu­le­gen­den Kri­te­ri­en be­steht al­ler­dings auch in der ober­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung bis­lang kein kla­re Li­nie.

Auf land­ge­richt­li­cher Ebe­ne sind seit dem Be­ginn der CO­VID-19 Pan­de­mie in­zwi­schen ei­ni­ge Ur­tei­le er­gan­gen, die sich mit dem An­spruch des Mie­ters auf ei­ne An­pas­sung der Mie­te auf­grund der im ers­ten Lock­down er­lit­te­nen wirt­schaft­li­chen Be­ein­träch­ti­gun­gen be­schäf­ti­gen. In un­se­ren Blog­bei­trä­gen vom 30.10.2020 und 01.02.2021  hat­ten wir be­reits über die­se land­ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen be­rich­tet.

In der Be­ru­fungs­in­stanz hat­ten sich die Ober­lan­des­ge­rich­te in Karls­ru­he, Dres­den und Mün­chen nun eben­falls mit der Fra­ge zu be­fas­sen, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen und auf wel­cher Rechts­grund­la­ge ei­ne An­pas­sung der ver­ein­bar­ten Mie­te im Zu­sam­men­hang mit dem ers­ten Lock­down er­fol­gen kann. Da­bei ha­ben die OLG Karls­ru­he und Mün­chen die Rechts­auf­fas­sun­gen der Land­ge­rich­te Hei­del­berg (Urt. v. 30.7.2020, Az. 5 O 66/20), Zwei­brü­cken (Urt. v. 11.9.2020, Az. HK O 17/20) und Frank­furt am Main (Urt. v. 02.10.2020, Az. 2-15 O 23/20) be­stä­tigt. Ei­ne ab­wei­chen­de Rechts­auf­fas­sung ver­tritt hin­ge­gen das OLG Dres­den.

OLG Karls­ru­he (Ur­teil vom 24.02.2021, 7 U 109/20) und OLG Mün­chen (Hin­weis­be­schluss vom 17.02.2021, 32 U 6358/20)

Wie be­reits in den Vor­in­stan­zen ent­schie­den, be­grün­den die be­hörd­li­che Schlie­ßungs­an­ord­nun­gen nach den jüngs­ten Ent­schei­dun­gen der OLG Karls­ru­he und Mün­chen kei­nen Man­gel des Miet­ge­gen­stan­des im Sin­ne des § 536 BGB und da­mit auch kein Recht zur Miet­min­de­rung, da die be­hörd­li­chen An­ord­nun­gen nicht an die kon­kre­te Be­schaf­fen­heit, die La­ge oder den Zu­stand des Miet­ge­gen­stan­des an­knüpf­ten, son­dern al­lein den ge­schäft­li­chen Er­folg des Mie­ters be­ein­träch­tig­ten.

Dar­über hin­aus se­hen die OLG in den be­hörd­li­chen Schlie­ßungs­an­ord­nun­gen auch kei­nen Fall der Un­mög­lich­keit, der ei­nen Ent­fall der Miet­zah­lungs­pflicht gem. § 326 Abs. 1 BGB zur Fol­ge hät­te. Denn die Taug­lich­keit des Miet­ge­gen­stan­des zur ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Nut­zung sei wäh­rend der Schlie­ßungs­zeit durch­gän­gig ge­ge­ben ge­we­sen. Der Um­stand, dass es auf­grund der an­ge­ord­ne­ten Schlie­ßung nicht zu ei­ner sol­chen Nut­zung ge­kom­men sei, fal­le in das Ver­wen­dungs­ri­si­ko des Mie­ters.

Bei der Prü­fung ei­nes An­pas­sungs­an­spruchs nach dem Grund­sät­zen der Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge (§ 313 BGB) be­to­nen auch die OLG Karls­ru­he und Mün­chen die Not­wen­dig­keit ei­ner Ein­zel­fall­ent­schei­dung. Da­bei er­tei­len die Ge­rich­te ei­ner pau­scha­len hälf­ti­gen Tei­lung des Ri­si­kos oh­ne Be­trach­tung der tat­säch­li­chen fi­nan­zi­el­len Aus­wir­kun­gen des Lock­downs ei­ne Ab­sa­ge und stel­len klar, dass der Mie­ter zur Be­grün­dung sei­nes An­pas­sungs­ver­lan­gens je­den­falls ei­ne schwe­re Be­ein­träch­ti­gung sei­ner wirt­schaft­li­chen La­ge durch die Of­fen­le­gung sei­ner Um­satz­zah­len nach­zu­wei­sen ha­be. Zu be­rück­sich­ti­gen sei­en zu­dem er­hal­te­ne staat­li­che Hil­fen, er­spar­te Auf­wen­dun­gen in der Schlie­ßungs­zeit so­wie Wa­ren­vor­rä­te des Mie­ters. Letz­te­re bin­den zwar des­sen Li­qui­di­tät, sei­en aber den­noch als Ver­mö­gens­wer­te des Mie­ters ein­zu­kal­ku­lie­ren. Für die Hö­he der tat­säch­li­chen Ein­bu­ßen des Mie­ters sei schließ­lich auch der „Nach­ho­lef­fekt“ durch er­höh­te Um­satz­zah­len nach der Wie­der­er­öff­nung des Be­triebs zu be­rück­sich­ti­gen. Das OLG Mün­chen greift zu­sätz­lich das kürz­lich von dem LG Mün­chen I (Ur­teil vom 25.01.2021, 31 O 7743/20 , sie­he hier­zu be­reits un­se­ren Blog­bei­trag vom 01.02.2021) auf­ge­stell­te Kri­te­ri­um der mie­ter­sei­tig zu er­war­ten­den Bil­dung von Rück­la­gen für un­vor­her­ge­se­he­ne Um­satz­ein­bu­ßen auf. Zur Hö­he die­ser Rück­la­gen ver­hält sich die Ent­schei­dung al­ler­dings nicht, da dies im Ein­zel­fall nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich war.

OLG Dres­den (Ur­teil vom 24.02.2021, 5 U 1782/20)

Auch das OLG Dres­den sieht in den be­hörd­li­chen Schlie­ßungs­an­ord­nun­gen im Er­geb­nis kei­nen Fall der Un­mög­lich­keit und auch kei­ne Miet­man­gel i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB. Die Be­grün­dung des Ge­richts weicht al­ler­dings in­so­weit von den vor­ste­hend dar­ge­stell­ten Ent­schei­dun­gen ab, als dass die be­hörd­li­chen Schlie­ßungs­an­ord­nun­gen nach An­sicht des Ge­richts ei­nen au­ßer­halb der Miet­sa­che lie­gen­den, aber an de­ren La­ge in­ner­halb ei­nes vom In­fek­ti­ons­ge­sche­hen be­trof­fe­nen Be­reichs an­knüp­fen­den Um­stand dar­stel­len, der grund­sätz­lich ei­nen Man­gel i.S.d. § 536 Abs. 1 BGB be­grün­de. Die­ser grund­sätz­li­che Man­gel füh­re un­ter den ge­ge­be­nen Um­stän­den je­doch nicht zu ei­nem Min­de­rungs­recht des Mie­ters, da die Schlie­ßungs­an­ord­nun­gen au­ßer­halb des Ver­ant­wor­tungs­be­reichs des Ver­mie­ters zu ver­or­ten sei­en.

Bei der Be­ur­tei­lung ei­nes An­pas­sungs­an­spruchs nach den Grund­sät­zen über die Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge (§ 313 BGB) nimmt das Ge­richt hier im Er­geb­nis ei­ne pau­scha­le Re­du­zie­rung der ge­schul­de­ten Mie­te im Zeit­raum der an­ge­ord­ne­ten Schlie­ßung in Hö­he von 50% vor. Die Um­satz­ein­bu­ßen des Mie­ters wur­den da­bei nicht ge­son­dert er­mit­telt, weil – be­zo­gen auf den Miet­ge­gen­stand – ein Teil­be­trieb nicht mehr mög­lich war. Ob even­tu­el­le staat­li­che Hil­fen zu be­rück­sich­ti­gen ge­we­sen wä­ren, ließ das Ge­richt da­hin­ste­hen, weil aus dem Vor­trag der Par­tei­en nicht fest­ge­stellt wer­den konn­te, dass die Par­tei­en sol­che er­hal­ten hät­ten.

Die hier ge­trof­fe­ne Ent­schei­dung be­grün­det das Ge­richt da­mit, dass die Un­zu­mut­bar­keit des Fest­hal­tens am un­ver­än­der­ten Miet­ver­trag im Rah­men des § 313 BGB sich – eben­so wie das Recht zur Miet­min­de­rung und das Recht zur au­ßer­or­dent­li­chen Kün­di­gung we­gen Zah­lungs­rück­stän­den gem. § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB – aus­schließ­lich an dem Ver­hält­nis von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung in dem von der Stö­rung be­trof­fe­nen Zeit­ab­schnitt zu ori­en­tie­ren ha­be. Da­bei sei die Schwel­le der Un­zu­mut­bar­keit im Miet­ver­hält­nis be­zo­gen auf die zeit­li­che Dau­er re­la­tiv nied­rig an­zu­set­zen, da es sich bei dem in Re­de ste­hen­den Miet­ver­trag um ein Dau­er­schuld­ver­hält­nis han­de­le, in dem ei­ne Ver­trags­an­pas­sung oh­ne­hin im­mer nur in dem von der Stö­rung be­trof­fe­nen Zeit­ab­schnitt er­fol­gen kön­ne. Ei­ne grund­le­gen­de Ver­än­de­rung der we­sent­li­chen Ver­trags­grund­la­ge er­fol­ge im Rah­men ei­ner An­pas­sung nach § 313 BGG hin­ge­gen nicht. Da­nach kom­me es bei ei­ner Schlie­ßungs­zeit von mehr als ei­nem Miet­zah­lungs­in­ter­vall im ers­ten Lock­down für ei­ne vor­über­ge­hen­de Ver­trags­an­pas­sung nicht dar­auf an, in­wie­weit die wirt­schaft­li­che Exis­tenz des Mie­ters durch die Schlie­ßungs­an­ord­nun­gen be­trof­fen ge­we­sen sei.

Die pau­scha­le Re­du­zie­rung der Mie­te um 50% be­grün­de­te das Ge­richt da­mit, dass kei­ne Par­tei die Ur­sa­che für die Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge ge­setzt ha­be und die­se auch von kei­ner Par­tei ha­be vor­her­ge­se­hen wer­den kön­nen. Maß­geb­lich für die pau­scha­le hälf­ti­ge Re­du­zie­rung der Mie­te war, dass das ent­spre­chen­de Ri­si­ko von kei­ner der Par­tei­en über­wie­gend zu tra­gen ist. Wie Um­stän­de, wie der Er­halt staat­li­cher Bei­hil­fen, oder die Nut­zung an­der­wei­ti­ger Um­satz­mög­lich­kei­ten die Auf­tei­lung be­ein­flus­sen, hat das Ge­richt nicht ent­schie­den. Au­gen­schein­lich la­gen der­ar­ti­ge Um­stän­de of­fen­bar schlicht nicht vor bzw. wur­den nicht vor­ge­tra­gen. Dass das Ge­richt dies her­aus­ge­stellt hat zeigt, dass die Quo­te von 50% al­len­falls ein Aus­gangs­punkt ist und nicht pau­schal an­ge­wen­det wer­den kann.

Aus­blick

Die ober­ge­richt­li­chen Ur­tei­le zei­gen, dass nach dem ak­tu­el­len Stand der Recht­spre­chung wohl we­der von ei­nem Miet­man­gel noch von ei­ner Un­mög­lich­keit der Ver­mie­ter­leis­tung aus­zu­ge­hen sein wird, son­dern al­lein die Re­ge­lun­gen über die Stö­rung der Ge­schäfts­grund­la­ge für künf­ti­ge Miet­an­pas­sungs­an­sprü­che im Zu­sam­men­hang mit staat­li­chen Schlie­ßungs­an­ord­nun­gen maß­geb­lich sein wer­den.

Of­fen bleibt al­ler­dings, ob und in wel­chem Um­fang die An­pas­sung der Mie­te im Rah­men des § 313 BGB künf­tig – dem OLG Mün­chen fol­gend – das Er­geb­nis ei­ner aus­grei­fen­den dif­fe­ren­zier­ten Be­trach­tung der mie­ter­sei­ti­gen Um­satz­ein­bu­ßen, er­hal­te­ner staat­li­cher Hil­fen, er­spar­ter Auf­wen­dun­gen und wei­te­rer Fak­to­ren sein wird, wel­che die wirt­schaft­li­che La­ge des Mie­ters bzw. des Ver­mie­ters ins­ge­samt wäh­rend der Schlie­ßungs­zeit und ggf. dar­über hin­aus be­ein­flusst ha­ben, oder ob die Recht­spre­chung eher – dem OLG Dres­den fol­gend – den Blick  auf die tem­po­rä­re Stö­rung des Ver­hält­nis­ses von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung im kon­kre­ten Miet­ver­hält­nis rich­tet. In den Ent­schei­dun­gen des OLG Karls­ru­he und des OLG Dres­den ist je­weils die Re­vi­si­on zum BGH zu­ge­las­sen. Es bleibt al­so span­nend!

 

Verfasst von Tamara Achtermann.

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