Hogan Lovells 2024 Election Impact and Congressional Outlook Report
15 November 2024
Trademark Insight. Mit diesem Format informieren wir Sie in regelmäßigen Abständen über aktuelle markenrechtliche Entscheidungen.
Liebe Leserinnen und Leser,
die vorliegende Ausgabe des Trademark Insight hält erneut einige aktuelle und interessante Entscheidungen der letzten Monate für Sie bereit. Von besonderer Bedeutung dürften insbesondere die Vorabentscheidung des EuGH zur Erteilung und Entziehung einer Lizenz über eine unter Mitinhaberschaft stehende Marke, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Waffengleichheit in Verfügungsverfahren und die Entscheidung des EUIPO zur Zulässigkeit einer Markenmodernisierung bei zwischenzeitlicher Eintragung einer gleichlautenden geografischen Angabe sein. Daneben berichten wir wie immer zur aktuellen Spruchpraxis in Sachen Verwechslungsgefahr und Unterscheidungskraft.
In unserer Rubrik Country Focus nehmen wir auch in dieser Ausgabe wieder markenrechtliche Entwicklungen aus einem weiteren Land in den Blick. Dieses Mal stellen unsere Kolleginnen Sahira Khwaja und Emily Sharkey im Country Focus – UK drei spannende Fälle vor, aktuelle Entscheidungen aus dem Vereinigten Königreich vor: In der Entscheidung Match v Muzmatch befasst sich der Court of Appeal mit den Voraussetzungen zur Annahme einer gutgläubigen Vorbenutzung sowie deren Auswirkungen auf eine etwaige Markenrechtsverletzung. In Lidl v Tesco beschäftigte sich der High Court mit Fragen des Bekanntheitsschutzes und dem sogenannten Passing Off. Abschließend wird ein Ausblick auf die bevorstehende Entscheidung des Supreme Court in Sachen Sky v SkyKick gegeben, in der grundlegende Ausführungen zur Bösgläubigkeit von Markenanmeldungen erwartet werden. Wir freuen uns über Ihr Feedback und Anregungen per E-Mail an [email protected].
Eine hilfreiche Lektüre wünschen Ihnen
Thorsten Klinger und Dr. Andreas Renck
Hauptteil – Markenrecht in der Europäischen Union und Deutschland
Verfasst von Thorsten Klinger, Christine Stoeber, Robert Taeger und Sophia Siegling
Country Focus – United Kingdom:
Verfasst von Sahira Khwaja und Emily Sharkey
Die Vierte Beschwerdekammer des EUIPO befasste sich mit der Nichtigkeit der unten dargestellten Unionsmarke „Nehera“ wegen Bösgläubigkeit. Die mit dem Nichtigkeitsantrag angegriffene Marke erfasst diverse Modewaren der Klassen 18, 24 und 25. Die angefochtene Marke sei laut den Antragstellern mit einer in den 1930er Jahren angemeldeten und infolge intensiver Benutzung damals zu großer Bekanntheit gelangten Bekleidungsmarke identisch.
Anders als zunächst die Nichtigkeitsabteilung gab die Beschwerdekammer dem Antrag statt. Der Anmelder habe Kenntnis von dem damaligen Gründer Jan Nehera und dessen Markterfolg in der Tschechoslowakei gehabt und die Restbekanntheit ausnutzen wollen. Auf Klage der Anmelderin hob das EuG die Entscheidung auf. Bösgläubigkeit setze voraus, dass die Anmeldung mit Drittschädigungsabsicht erfolgt, was hier aus Sicht des Gerichts nicht der Fall war. Entscheidend sei, ob der Markeninhaber in Kenntnis der Benutzung der Marke durch einen Dritten seine Marke zur Verhinderung der weiteren Benutzung des Zeichens angemeldet habe, sowie der Grad des dem Zeichen verbleibenden Schutzes. Nach Auffassung des Gerichts verfügte die ältere Marke im Anmeldezeitpunkt weder über rechtlichen Schutz noch über eine Restbekanntheit.
Der Anmelder habe die ältere Marke zwar „zu neuem Leben erwecken“ wollen, dies allein genüge allerdings nicht zur Annahme einer unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung. Beschränkt sich der Anmelder bei der Wiederbelebung einer Marke nicht auf die Ausnutzung der früheren Bekanntheit, sondern leistet erhebliche eigene Anstrengungen, um das Image der alten Marke auf eigene Kosten zu neuem Leben zu erwecken, so entspricht dies den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel. Die Beschwerdekammer sei zu Unrecht von einer Bösgläubigkeit des Anmelders ausgegangen.
Nach Zurückverweisung an die Beschwerdekammer stellte diese klar, dass die von den Antragstellern nach Erlass des EuG-Urteils erbrachten Bösgläubigkeitsnachweise unberücksichtigt bleiben müssen, da diese erst nach Abschluss des streitigen Parteiverfahrens eingebracht wurden. Die Kammer habe daher das EuG-Urteil auf Grundlage der dort berücksichtigten Nachweise umzusetzen. Die Beschwerdekammer bestätigte daher die Zurückweisung des Antrags, da den Antragstellern der Bösgläubigkeitsnachweis nicht gelungen war.
(EUIPO BK, Entsch. v. 17.4.2023, R 1216/2020-4)
Dem Vorabentscheidungsverfahren liegt ein Rechtsstreit im Bereich der Markenlizenzierung zugrunde. Vier italienische Privatpersonen sind gleichanteilige Mitinhaber einer nationalen italienischen Marke und einer Unionsmarke „LEGEA“, die jeweils für Sportartikel geschützt sind. Im Jahr 1993 erteilten die vier Mitinhaber dem Unternehmen Legea S.R.L. eine ausschließliche, unentgeltliche und zeitlich unbestimmte Lizenz. Ende 2006 widersprach eine Mitinhaberin der Fortführung dieser Lizenzvereinbarung, woraufhin Legea in Italien Klage auf Nichtigerklärung von für diese Mitinhaberin eingetragenen „Legea“-Marken erhob. Widerklagend erhob die Mitinhaberin Nichtigkeitsanträge gegen für Legea eingetragene Marken und begehrte die Feststellung, dass die Benutzung der in Rede stehenden Marken durch Legea ab ihrem Widerspruch betreffend die Lizenzfortführung im Jahr 2006 rechtswidrig sei.
Der italienische Kassationsgerichtshof legte dem EuGH die Frage vor, mit welchen Mehrheitsverhältnissen (einstimmig oder mit einfacher Mehrheit) Mitinhaber einer nationalen Marke und einer Unionsmarke eine Lizenz zur Benutzung dieser Marke erteilen oder entziehen können.
Im Hinblick auf nationale Marken führte der EuGH aus, dass die einschlägige Erste Richtlinie 89/104 keine Regelungen zur Mitinhaberschaft enthalte. Insoweit sei das jeweilige anwendbare nationale Recht und die dort enthaltenen nationalen Bestimmungen maßgebend. Konkret bedeutet das, dass das nationale Gericht anhand der nationalen Rechtsordnung zu klären habe, unter welchen Voraussetzungen Lizenzen bei einer Marken-Mitinhaberschaft begründet und beendet werden können.
In Bezug auf Unionsmarken führte der EuGH aus, dass die hier maßgebliche Verordnung Nr. 40/94 das Rechtsinstitut der Mitinhaberschaft zwar kennt, ohne aber die Modalitäten der gemeinschaftlichen Ausübung der Markenrechte selbst zu regeln. Der EuGH wies darauf hin, dass die Unionsmarke nach Maßgabe der Verordnung vermögensrechtlich wie eine nationale Marke behandelt wird. Mit welchen Mehrheitserfordernissen Lizenzen an Unionsmarken in Mitinhaberschaft erteilt oder entzogen werden können, bestimme sich damit ebenfalls nach dem anwendbaren nationalen Recht, das über die Bestimmungen der Verordnung zu ermitteln sei.
(EuGH, Urt. v. 27.4.2023, C-686/21)
Eine Herstellerin von Agrarmaschinen versuchte, die aus der Farbkombination grün/orange bestehende internationale Registrierung für die landwirtschaftlichen Waren Feldspritzer in Klasse 7 auf die EU zu erstrecken. Die Marke enthielt folgende Beschreibung: „Das Markenzeichen besteht aus einer Kombination der Farben Grün (Pantone 7742 C) und Orange (Pantone 1505 C); der Rahmen einschließlich des Düsentraggestells der Feldspritze ist grün; Anbauteile am Rahmen einschließlich Düsenhalter, Behälter und Deckel sind orange.“ Die EUIPO-Prüfungsabteilung hielt die Anmeldung für nicht unterscheidungskräftig. Die Beschwerdekammer bestätigte diese Einschätzung.
Das EuG wies die dagegen gerichtete Klage der Anmelderin per Beschluss als offensichtlich unbegründet zurück. Feldspritzer würden sich an ein Fachpublikum, insbesondere Landwirte, richten. Einerseits würden die einschlägigen Verkehrskreise die Farbe Grün mit Umwelt und die Farbe Orange mit Sicherheit assoziieren. Andererseits – und unabhängig von der Farbassoziation – würden beide Farben im Bereich der Agrarmaschinen häufig verwendet.
Entgegen der Ansicht der Anmelderin sei eine Farbmarke nicht allein deshalb inhärent unterscheidungskräftig, weil sie sich auf eine sehr begrenzte Anzahl von Waren oder Dienstleistungen bezieht und es sich um einen sehr speziellen Markt handelt. Die Anmelderin habe zwar vorgetragen, dass kein anderer Hersteller für landwirtschaftliche Spritzmaschinen die Farbkombination grün/orange verwende, hierfür allerdings keine Nachweise vorgelegt.
(EuG, Urt. v. 4.5.2023, T-618/22)
Das BPatG befasste sich mit der Verwechslungsgefahr zwischen dem unten dargestellten Zeichen „Хозяюшка“ (Anmeldemarke, russisch für Dame des Hauses, gute Hausfrau) und der prioritätsälteren Unionswortmarke „Хозяин“ (Widerspruchsmarke, russisch für Chef, Herr bzw. Hausherr), jeweils geschützt für diverse Lebensmittel der Klassen 29 und 30. Die Widerspruchsabteilung hatte eine Verwechslungsgefahr zuvor abgelehnt, wogegen die Anmelderin Beschwerde einlegte.
Das BPatG bestätigte nun das Fehlen einer Verwechslungsgefahr. Die Zeichen richteten sich an unterschiedliche – nach ihren Kenntnissen der russischen Sprache objektiv abgrenzbare – Verkehrskreise, sodass zur Beurteilung der Kennzeichnungskraft eine differenzierte Betrachtung angezeigt sei. Jedoch könne selbst für russischsprachige Verkehrskreise keine Schwächung der Kennzeichnungskraft aufgrund einer dem Zeichen innewohnenden beschreibenden Angabe erkannt werden.
Die Anmeldemarke halte selbst hinsichtlich identischer Waren einen hinreichenden Zeichenabstand zur Widerspruchsmarke ein. Dies gelte insbesondere aufgrund des in der Anmeldemarke enthaltenen Bildbestandteils, der einen hinreichend individuellen Charakter verleihe. Ein klanglicher Zeichenvergleich sei lediglich Verkehrsteilnehmern mit Kenntnissen kyrillischer Zeichen möglich. Dieser zahlenmäßig geringe Anteil des Verkehrs sei wegen seiner objektiven Abgrenzbarkeit und des nicht unerheblichen Umfangs zu berücksichtigen. Jedoch ergebe sich trotz desselben Wortstammes selbst für den russischsprachigen Verkehr wegen unterschiedlicher Endungen ein deutlich abweichendes Klangbild.
Begrifflich sei der Einfluss des Bildbestandteils auf die Interpretation des Wortbestandteils nicht zu verkennen. Durch die Darstellung einer in Tracht gekleideten Frau sei ein von „Dame des Hauses, gute Hausfrau“ abweichendes Begriffsverständnis im Sinne von „Inhaberin, Besitzerin, Eigentümerin“ ausgeschlossen. Es bestehe daher ein Unterschied zu der begrifflichen Bedeutung der Widerspruchsmarke iSv „Chef, Herr“. Auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen sei aufgrund vollständig unterschiedlicher Gestaltung nicht ersichtlich.
(BPatG, Beschl. v. 13.2.2023, 25 W (pat) 576/20)
Die Schweizer Branchenorganisation Emmentaler Switzerland wollte die Bezeichnung "EMMENTALER" für Käsewaren in Klasse 29 als Unionskollektivmarke schützen lassen. Eine Kollektivmarke dient der Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen der Mitglieder eines Verbandes (als Markeninhaber) von denen anderer Unternehmen. Unionskollektivmarken können insbesondere aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der Waren dienen können.
Das EuG bestätigte mit seinem Urteil die Entscheidung der EUIPO-Beschwerdekammer, dass die angemeldete Unionskollektivmarke „EMMENTALER“ insbesondere für die deutschsprachigen Verkehrskreise eine Käsesorte beschreibe und nicht als geografische Herkunftsangabe für die Waren Käse mit der geschützten Ursprungsbezeichnung ‚Emmentaler‘ in Klasse 29 wahrgenommen werde.
Dabei stützte sich das Gericht auf die Definition des Begriffs „Emmentaler“ im Wörterbuch Duden, wonach dieser einen „vollfette[n] Schweizer Käse mit kirschgroßen Löchern und nusskernartigem Geschmack; Emmentaler Käse“ bezeichne. Diese Definition verweist auf die Merkmale des Käses als solchen, nämlich das Erscheinungsbild und den Geschmack, und spreche damit für den beschreibenden Charakter des Wortes „Emmentaler“. Auch die deutsche Käseverordnung klassifiziere Emmentaler in deren Anlage 1 (zu § 7) als Standardsorte. Zuletzt werde ein erheblicher Teil des in Deutschland hergestellten Emmentalers auch in Deutschland vertrieben.
Aufgrund dieser Erwägungen werde der Begriff „EMMENTALER“ nicht als geografische Herkunftsangabe für Käsewaren wahrgenommen.
(EuG, Urt. v. 24.5.23, T-2/21)
Im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens befasste sich das BPatG am Beispiel der unten dargestellten, für Käse in Klasse 29 geschützten Formmarke mit Fragen der Schutzfähigkeit von Warenformmarken. Der entsprechende Löschungsantrag war zuvor vom DPMA zurückgewiesen worden.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin war nun erfolgreich. Zwar sei der Antragstellerin laut BPatG der Nachweis einer ausschließlich technischen Wirkung nicht gelungen, da sich eine solche aus der bloßen Abbildung ohne weitere Hinweise nicht ergebe. Selbst wenn man davon ausginge, dass es sich um vier separate Käsestränge handele, würde die Helixstruktur allein noch nicht deren Auseinanderfallen verhindern. Auch ein entsprechendes Patent gebe dafür nichts her.
Auch bestehe die Marke nicht ausschließlich aus einer Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht. Bei Lebensmitteln des täglichen Bedarfs werde der Wert – anders als möglicherweise bei Genussmitteln – nicht durch die Form, sondern durch die Qualität der Zutaten, Geruch, Geschmack und das Vorhandensein von Zusatzstoffen erreicht. Die Erscheinungsform der Käsestangen könne nicht als für die Kaufentscheidung ausschließlich maßgebliches oder zumindest im Vordergrund stehendes Merkmal angesehen werden, das alle anderen Produktmerkmale verdrängt.
Allerdings bestehe hier nach Auffassung des Gerichts ein Freihaltebedürfnis. Ein solches liege vor, wo eine beschreibende Benutzung der Marke zwar noch nicht zu beobachten, aber in der Zukunft jederzeit erfolgen kann. Es bestünden Parallelen zur BGH-Entscheidung „Black Friday“ (BGH, Beschl. v. 27.5.2021, I ZB 21/20), wonach ein Freihaltebedürfnis dort anzunehmen sei, wo bereits im Anmeldezeitpunkt hinreichende Anhaltspunkte andeuteten, dass ein bislang ausschließlich im Ausland unmittelbar merkmalsbeschreibendes Zeichen aufgrund eines sich wandelnden Sprachgebrauches zukünftig auch im Inland entsprechend verstanden werde. Für Warenformmarken bedeute dies, dass ein Freihaltebedürfnis dort vorliege, wo die Warenform zwar im Inland kaum bekannt und unterscheidungskräftig, jedoch zu erwarten ist, dass die im Ausland marktbekannte Form auch im Inland Fuß fassen könne. Entsprechende Voraussetzungen seien hier gegeben.
(BPatG, Beschl. v. 8.12.2023, 30 W (pat) 2/21)
Das Bundesverfassungsgericht befasste sich kürzlich mit der prozessualen Waffengleichheit in Verfügungsverfahren. Dem Verfahren liegt ein presse- und äußerungsrechtlicher Streit zwischen einem Verlagsunternehmen (V) und einem ehemaligen Profisportler (P) zugrunde. Nachdem die V einen Bericht mit engem persönlichen Bezug zu P veröffentlichte, forderte P den Verlag unter Fristsetzung zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung auf. V ließ die Frist verstreichen, da die beanstandete Äußerung wahr sei, wofür bei Bedarf auch Glaubhaftmachungsmittel vorgelegt werden könnten. Daraufhin beantragte P beim LG Berlin den Erlass einer mit dem zuvor an V übermittelten Gegendarstellungsverlangen übereinstimmenden einstweiligen Verfügung. Dem Antrag beigefügt war das Zurückweisungsschreiben des Verlages.
Das LG erließ die einstweilige Verfügung wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung, wogegen V Widerspruch einlegte. Außerdem legte V gegen den Beschluss Verfassungsbeschwerde ein und berief sich auf das Recht auf prozessuale Waffengleichheit.
Das Bundesverfassungsgericht gab nun dem Antrag des Verlages statt. Der Beschluss des LG Berlin verletze V in der prozessualen Waffengleichheit, da ohne Anhörung des Verlags entschieden wurde. Eine Anhörung sei nur in Ausnahmefällen entbehrlich, deren Voraussetzungen hier nicht vorlägen. Zwar könne auf die Möglichkeit zur Erwiderung auf eine dem Verfügungsverfahren vorausgehende Abmahnung abgestellt werden. Die prozessuale Waffengleichheit werde in solchen Fällen allerdings nur bei (kumulativ) (1) unverzüglichem Einreichen des Verfügungsantrages nach Ablauf einer angemessenen Frist, (2) inhaltlicher Identität der Abmahnung mit dem Verfügungsantrag und (3) Vorlage eines etwaigen Zurückweisungsschreibens des abgemahnten Antragsgegners.
Vorliegend fehlte es aus Sicht des Gerichts schon an der Unverzüglichkeit, da zwischen Fristablauf und Antragstellung ein Mehrfaches der in der Abmahnung gesetzten Frist verstrichen war. Auch müsse die Ernsthaftigkeit des Antragsbegehrens bereits in der Abmahnung durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht werden, da sich der Abgemahnte anderenfalls nicht zu einer Stellungnahme veranlasst sehen muss. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor und erlässt das Gericht die Verfügung dennoch ohne Anhörung, muss die ergangene Entscheidung jedenfalls erkennen lassen, dass sich das Gericht des Ausnahmecharakters der Verfahrenshandhabung bewusst war.
Auch wenn das Urteil in einem äußerungsrechtlichen Verfahren ergangen ist, erachten wir es aufgrund der darin enthaltenen allgemeinen Aussagen zur Notwendigkeit der Anhörung im Verfügungsverfahren für spannend. Ob die in dieser Entscheidung verdeutlichten Grundsätze jedoch auch im markenrechtlichen Verfügungsverfahren von ähnlich praktischer Relevanz sind wie im Äußerungsrecht, bleibt abzuwarten. Immerhin wird es in Verfahren zum Äußerungsrecht regelmäßig auf Tatsachen ankommen, die dem Gericht nicht bekannt sind oder nicht bekannt sein können, während in markenrechtlichen Verfahren regelmäßig Rechtsfragen im Vordergrund stehen.
(BVerfG, Beschl. v. 26.4.2023, 1 BvR 718/23)
Die Erste Beschwerdekammer befasste sich mit der Eintragungsfähigkeit des unten links dargestellten Zeichens u.a. für Fleischwaren als Frisch- und Konservenwaren sowie Wurstwaren als Frisch und Konservenwaren in Klasse 29, das als Modernisierung der 2007 eingetragenen, unten rechts abgebildeten Marke angemeldet wurde. Die Anmeldung wurde zuvor aufgrund der entgegenstehenden, im Jahr 2010 eingetragenen, geschützten geografischen Angabe (ggA) „Halberstädter Würstchen“ von der Prüfungsabteilung zurückgewiesen. Unberücksichtigt blieb ein Hinweis auf die Heilungsmöglichkeit durch eine Einschränkung des Warenverzeichnisses auf Waren, die die Spezifikation der ggA einhalten.
Die gegen die Zurückweisung eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Der Anmeldung stehe Art. 7 Abs. 1 lit. j UMV entgegen, wonach Marken zurückzuweisen sind, die nach den Vorschriften zum Schutz geografischer Angaben ausgeschlossen sind. Geografische Angaben seien gegen Anspielungen zu schützen, sofern die mit der Marke beanspruchten Waren die gleiche Erzeugnisklasse betreffen. Eine Anspielung liege bereits dann vor, wenn der zur Bezeichnung eines Erzeugnisses benutzte Ausdruck einen Teil der geschützten Bezeichnung einschließt und der Verbraucher zu einem gedanklichen Inverbindungbringen veranlasst wird. Auf eine Verwechslungsgefahr komme es hingegen nicht an.
Hier sei der Bestandteil „Halberstädter“ in der seit 2010 geschützten ggA „Halberstädter Würstchen“ enthalten. Die geringfügigen Zusatzelemente hielten den Verkehr nicht davon ab, bei der Wahrnehmung des Zeichens einen gedanklichen Bezug zu dem von der ggA geschützten Erzeugnis herzustellen. Insbesondere erfordere das Merkmal der Anspielung keine widerrechtliche Verwendung. Eine Berechtigung zur Verwendung der Bezeichnung führe nicht zur Unanwendbarkeit des Schutzhindernisses.
Auch eine Berufung auf die unten rechts dargestellte, ältere Unionsmarke verfange nicht. Die Verordnung lasse zwar die Benutzung solcher Marken unberührt, die vor Einreichung des Schutzantrages der geografischen Angabe eingetragen waren – dies sei allerdings nicht auf nach diesem Zeitpunkt angemeldete vergleichbare Marken (hier: modernisierte Version der älteren Marke) übertragbar. Die Beschwerde gegen die Zurückweisung blieb somit ohne Erfolg. Im Ergebnis bleibt jedoch festzuhalten, dass die Anmeldung wohl bereits durch eine vom Amt im Rahmen der Beanstandung vorgeschlagene Anpassung des Warenverzeichnisses erfolgreich gewesen wäre.
(EUIPO BK, Entsch. v. 5.6.2023, R 1394/2022-1)
In a trademark dispute between two dating service companies, the Court of Appeal has held that honest concurrent use is not a separate defence to a registered trade mark infringement claim, but instead is a factor to be considered in the infringement analysis.
Match Group ("Match") had been offering online dating services in the UK since 2001 under various forms of "match" branding, and by 2010 it had achieved substantial brand awareness and grown to dominate the market. Match owned EU trade marks for “MATCH.COM” and a UK trade mark for "match" in a lower case font together with a small heart device.
Since 2011, Muzmatch Ltd ("Muzmatch") provided online matchmaking and dating services to Muslims in the UK under the name MUZMATCH. In 2020, Match sued Muzmatch, alleging that Muzmatch had infringed its trade marks and committed passing off (a common law form of unfair competition), through the use of the word MUZMATCH, logos incorporating the word MUZMATCH and phrases including the word "match", which Muzmatch used for search engine optimisation purposes.
The High Court held that there was a likelihood of confusion and that the use of the signs complained of would give rise to a link in the mind of the average consumer, so that Muzmatch’s signs took unfair advantage of the repute of Match’s trade marks. Passing off was established for essentially the same reasons. It also held that Muzmatch’s defence of honest concurrent use could not apply because the infringing use had commenced after Match’s registered trade marks had been filed. Muzmatch appealed.
The Court of Appeal dismissed the appeal. It held that it was not appropriate for the court to intervene in relation to the High Court's conclusions on trade mark infringement because it involved a multi-factorial assessment of the evidence and there was no error in law or in principle.
The most interesting aspect of the appeal relates to Muzmatch’s claim to honest concurrent use in defence of its infringement. The Court of Appeal held that Muzmatch did not have a free-standing “honest concurrent use” defence to trade mark infringement; instead “honest concurrent use” is a factor to be considered in the infringement analysis. In claims involving double-identity infringement, the relevance of honest concurrent use is that it can be relied on as sufficiently rebutting the presumption that there is a likelihood of confusion (arising from double-identity marks and goods and services).
In double-identity infringement cases, once the claimant has established a prima facie case of infringement, the burden shifts to the defendant to establish that, by virtue of its honest concurrent use, there is nevertheless no adverse effect on any of the functions of claimants’ trade mark.
Honest concurrent use may lead to the conclusion that there has been no infringement, even though there is a small level of actual confusion between the claimant’s trade mark and the defendant’s sign, if most of the relevant class of consumers have come to understand that the trade mark and the sign denote different trade origins.
The relevant date of assessment is the date when the defendant started to use the sign complained of. However, a use which was initially infringing as at that date can eventually cease to be infringing if: the trade mark proprietor takes no action; there is substantial parallel trade for a long period; and as a result, the trade mark and the sign come to be understood by the relevant class of consumers as denoting different trade origins. It is therefore not necessary for the use complained of to have started before the claimant’s trade mark was registered (as the High Court had held).
Here, there was no evidence that most of the relevant class of consumers had been educated to understand that MUZMATCH was unrelated to MATCH and it was not a case where the length and scale of the concurrent use compelled the court to infer that most consumers had learnt the difference between the two marks as to the trade origin of services concerned.
This decision provides welcome clarity as to the relevance of and practical deployment of evidence of concurrent use by defendants in trade mark and passing off cases. It also makes very clear that concurrent use is likely to make a difference in outcome only in rare and unusual cases where there is a really long and honest period of that use by the defendant.
(UK Court of Appeal, decision of 27 April 2023, Case No. CA-2022-001355)
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In June 2023, Tesco, a major UK supermarket chain, was found to have infringed the trade marks and other rights of Lidl, a discount supermarket chain, by using a similar logo in its Clubcard Prices promotion. The High Court ruled that Tesco's logo caused confusion and took unfair advantage of Lidl's reputation for low-priced goods. However, Tesco successfully invalidated Lidl's wordless logo, claiming it was registered in bad faith.
Lidl sued Tesco for trade mark infringement, relying on its trade mark registrations for the standard LIDL logo (the "Mark with Text") as well as a registration for the same design without any text (the "Wordless Mark").
Lidl argued that Tesco's adoption of a logo for its “Clubcard Prices”-promotion (the "Clubcard mark"), which resembled Lidl's logo, created confusion among consumers and damaged Lidl's brand. Lidl said that a substantial number of customers would see the Clubcard mark, and form a link with Lidl’s trade marks, in particular, by associating Lidl’s reputation for offering low-price goods with Tesco, and so believing Tesco’s prices were comparable to Lidl’s prices or that they were price-matched with Lidl. Lidl argued that this caused detriment to its brand, both by dilution and the implied message to customers that Tesco’s prices were similar to Lidl’s prices, meaning Tesco was taking unfair advantage of the reputation in Lidl’s marks.
In Tesco's defence and counterclaim, it argued that Lidl's registrations for the wordless mark should be declared invalid on grounds of bad faith. Tesco alleged that Lidl had registered the wordless mark as a legal weapon, without any intention to use the mark in trade. Tesco also accused Lidl of "evergreening" by re-registering marks periodically to avoid having to prove genuine use (given that marks are invulnerable from use challenges up until 5 years after registration).
The court, in its decision, determined that Tesco's Clubcard mark infringed Lidl's registered trade marks and constituted passing off and copyright infringement. Despite the dissimilarity between the words "Clubcard Prices" and "Lidl" in the Text mark, the average consumer was found to perceive a connection between the two signs. This led to confusion over origin and price comparison, causing damage to Lidl's distinctive character and reputation. Although Tesco did not intentionally seek to take advantage of Lidl's reputation, the court concluded that it had still benefited unfairly from Lidl's marks. In relation to Lidl’s claim that use of the Clubcard mark caused detriment to the distinctive character of its logo marks, the judge held that detriment could be found in the steps that Lidl was “forced to take” to counteract the dilution (e.g. an advertising campaign against Tesco’s Clubcard process). This is a departure from established case law, which requires the detriment to take the form of a change in the economic behaviour of the consumer (not the brand owner).
Regarding Tesco's counterclaim, the court rejected this, stating that the use of the Mark with Text also constituted use of the Wordless mark. However, several registrations for the Wordless Mark were deemed invalid due to being applied for in bad faith. The court concluded that these registrations were sought not for genuine use but as a legal strategy to protect Lidl's rights by “evergreening” its trade marks. Interestingly, it held that Tesco had proved objective indicia of bad faith (i.e. evergreening and applying to register the wordless mark which it had no intention to use), and so the burden fell on Lidl to rebut this charge. Lidl was unable to produce any evidence of a subjective intention in relation to its older marks which would rebut the bad faith charge (in part because the marks had been registered several years previously). However it was able to retain its 2021 Wordless Mark on the basis of evidence which showed a genuine belief that it functioned as a trade mark on its own.
The case serves as a reminder of the importance of presenting strong evidence in intellectual property disputes. The court meticulously analysed the evidence from both parties, giving weight to Lidl's consumer witness testimony and internal concerns expressed by Tesco. Lidl's failure to provide contemporaneous evidence to prove its intention to use the Wordless mark weakened its defence against Tesco's bad faith allegation.
The Court of Appeal heard the appeal in this case in February 2024. The outcome of any potential appeal could have significant implications for the supermarket industry and trade mark protection in the UK.
(UK High Court, decision of 19 April 2023, Case No. IL-2020-000127)
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Another significant UK decision on registering marks in bad faith is also due shortly: the highly anticipated Sky v SkyKick appeal to the Supreme Court was heard in June 2023 and the decision should be handed down anytime. As we reported earlier, the Court of Appeal in Sky v SkyKick reversed a High Court decision which had held that Sky’s trade marks were invalid on the grounds of bad faith. SkyKick has appealed to the Supreme Court.
In its appeal, SkyKick places great stead upon the function of the trade mark register to convey accurate messages about what trade marks are available and which might block plans to use. It alleges that filing broadly leads to a cluttering of the register and makes clearance of new brands difficult. SkyKick also alleges that it leaves it open to the trade mark owner to use those registrations to enforce widely against competitors, at least for the five year use period following registration. SkyKick suggests that the Supreme Court needs to decide the case, as the Court of Appeal’s pragmatic judgment flies in the face of EU caselaw, but now the CJEU is unable to correct this post-Brexit.
However, the Court of Appeal was very clear in its straightforward application of existing UK caselaw (and retained EU law) based upon policy considerations of “business as usual” for brand owners. The Court of Appeal concluded that to find bad faith there must be both no intention to use the trade mark by the proprietor and also a dishonest intention or other sinister motive, involving conduct which departs from accepted standards of ethical behaviour or honest commercial, such as deliberately seeking to block a third party from entering the market.
In terms of filing with a bona fide intention to use, the Court of Appeal believed it would be onerous upon brand owners to have to formulate a commercial strategy for using the mark in relation to every species of goods or services falling within a general description over the next five years, in order to avoid invalidity on the basis of bad faith. Many supported the Court of Appeal’s guidance that the proper way to review trade marks is through the lens of non-use, after the first five years. A proprietor is entitled to file a trade mark with a bona fide intention to use, where it has a legitimate belief that the trade mark will be used across at least some of each category of goods and services claimed. That filing should not be challenged unless the goods or services fail to be used in whole or part within the first 5 years, unless there is clearly at the date of filing no intention to use a trade mark in relation to a whole category of goods or services, coupled with some form of dishonest practice. Otherwise, the trade mark proprietor is entitled to see how the business develops around the trade mark filed, without fear of the risk of early challenge on grounds of filing in bad faith.
Arguably, the decision in Tesco in Lidl v Tesco (see above) lowers the hurdle for bad faith invalidity claims, albeit the decision is under appeal. However, the Supreme Court may see Sky v SkyKick as an opportunity to set the rules definitively under UK law post-Brexit, in this developing area of law, without recourse to principles from the previous line of caselaw of the CJEU under Lindt. Industry will be keeping a watchful eye out for such guidance from the Supreme Court.
We are tracking the Sky v SkyKick litigation closely, and will be reporting on it extensively when the decision is handed down, so continue to follow us on Engage to keep up with this topic.
(UK Court of Appeal, decision of 26 July 2021, Case No. A3/2020/1374 and A3/2020/1370)
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Disclaimer: Bitte beachten Sie, dass es sich bei den in diesem Newsletter aufgenommenen Entscheidungen um eine von den Autoren vorgenommene, rein subjektive Auwahl relevanter markenrechtlicher Entscheidungen ohne Anspruch auf Vollständigkeit handelt.