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Konzernzusagen zur betrieblichen Altersversorgung

Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gewährt der Arbeitgeber als Versorgungsschuldner. Wenn aber die betriebliche Altersversorgung durch Konzernbetriebsvereinbarung geregelt ist, sollen nach Ansicht das Landesarbeitsgerichts Hamm mehrere aufeinanderfolgende Arbeitgeber in einem Konzern eine einheitliche Zusage erteilen und bei der Rechtfertigung von Verschlechterungen solcher Zusagen die Konzernverhältnisse maßgeblich sein.

 

Das LAG Hamm (Urteil vom 27. November 2023 – 4 Sa 163/22) stellt in einem Urteil zur betrieblichen Altersversorgung nicht wie üblich auf den Versorgungsschuldner ab, sondern auf die Konzernverhältnisse. Das Urteil ist nicht rechtkräftig, die Revision ist anhängig (3 AZR 255/23).

Arbeitgeberwechsel im Konzern

Nach Ansicht des LAG Hamm soll ein Arbeitgeberwechsel innerhalb eines Konzerns keinen Einfluss auf die Versorgungsanwartschaft haben, wenn in einer Konzernvereinbarung für die Berechnung der Versorgungsleistung die Dienstzeit in allen Konzernunternehmen anerkannt wird. Versorgungsschuldner sei allein das Konzernunternehmen, das zum Zeitpunkt des Versorgungsfalls Vertragsarbeitgeber ist. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer*innen nach einem Wechsel innerhalb eines Konzerns nur eine einheitliche Anwartschaft erwerben, die von dem aktuellen (letzten) Arbeitgeber gewährt wird.

Eine entsprechende Konzernbetriebsvereinbarung muss ausgelegt werden, um zu ermitteln, welche Konzerngesellschaft in welcher Höhe eine Anwartschaft gewährt. Wenn allein der letzte Arbeitgeber Versorgungsschuldner für die gesamte Konzernzugehörigkeit sein soll, müssen dafür Anhaltspunkte in der Konzernbetriebsvereinbarung zu finden sein.

Die vom LAG Hamm geprüfte Konzernbetriebsvereinbarung fand für Arbeitnehmer*innen der Konzernobergesellschaft und deren Tochtergesellschaften Anwendung. Diese Gesellschaften wurden in der Konzernbetriebsvereinbarung als "Konzernunternehmen" bezeichnet. Anrechnungsfähige Dienstzeit war die Zeit in einem Arbeitsverhältnis mit einem Konzernunternehmen. Hieraus schloss das Gericht, dass eine einheitliche Anwartschaft für die gesamte Dienstzeit bei allen Konzernunternehmen bestehen sollte. Dieser Schluss erscheint aber nicht zwingend, weil "Konzernunternehmen" nicht unbedingt zugleich jede andere Gesellschaft meint, sondern im Kontext auch nur die jeweilige Arbeitgebergesellschaft bezeichnen kann. Auch stellt sich mit der Auslegung des Gerichts die Frage, nach welcher Regelung in der Konzernbetriebsvereinbarung die Verpflichtung des ehemaligen Arbeitgebers dann rechtlich beendet würde.

Die Ansicht des LAG Hamm erscheint aber auch im Grundsatz angreifbar. Sie hätte bei einem Arbeitgeberwechsel im Konzern zur Folge, dass eine unverfallbare Anwartschaft gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber als Versorgungsschuldner entfallen würde. Zwar würde zugleich der neue Arbeitgeber die erworbenen Anwartschaften quasi als Startgutschrift gewähren. Mit den gesetzlichen Vorschriften zur Unverfallbarkeit steht das jedoch nicht im Einklang. Eine Übertragung von Anwartschaften müsste den Regelungen des § 4 BetrAVG folgen. Zudem verschiebt sich die Einstandspflicht des Pensions-Sicherungs-Vereins, der insoweit nicht mehr für die Solvenz des bisherigen Arbeitgebers einsteht, sondern für die des neuen Arbeitgebers. Letztlich ist dem LAG daher insoweit nicht zu folgen.

Verschlechterung von Anwartschaften im Konzern

Wird eine Konzernbetriebsvereinbarung zur betrieblichen Altersversorgung geändert, sind die Anwartschaften der Arbeitnehmer*innen nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit geschützt. Selbst zukünftige Zuwachsraten, die erst noch erdient werden müssen, dürfen nicht ohne weiteres geschmälert werden. Vielmehr sind dafür sachlich-proportionale Gründe erforderlich.

Ein solcher Grund können wirtschaftliche Schwierigkeiten sein. Ist die betriebliche Altersversorgung durch Konzernbetriebsvereinbarung geregelt, sollen nach Ansicht des LAG Hamm dafür die tatsächlichen Umstände und wirtschaftlichen Verhältnisse bei der Konzernobergesellschaft maßgeblich sein. Ob dafür die prognostizierte Entwicklung bei den Pensionsrückstellungen ausreicht, wie das LAG Hamm, soll an dieser Stelle nicht weiter erörtert werden.

Die Änderung einer Konzernbetriebsvereinbarung erfordere nach Auffassung der Richter eine konzernbezogene Betrachtung, denn es bestehe ein einheitliches Versorgungswerk für alle Konzernarbeitnehmer*innen. Dies ist zwar konsequent, wenn man – wie das LAG – davon ausgeht, dass jeweils der letzte Arbeitgeber eine Versorgung für die gesamte Dienstzeit im Konzern gewährt. In einer solchen Versorgung wäre es nicht möglich, nur für einzelne Konzerngesellschaften eine besondere Regelung zu treffen, sondern die Versorgung muss konzerneinheitlich bleiben.

Dem LAG ist auch zuzugeben, dass die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats für eine konzernweite Bewertung der wirtschaftlichen Lage spricht. Denn mit dem Abschluss einer Konzernbetriebsvereinbarung hat die Konzernleitung zum Ausdruck gebracht, dass die betriebliche Altersversorgung konzernweit, also einheitlich gewährt werden soll.

Gleichwohl ist Versorgungsschuldner allein die Konzerngesellschaft ist, die auch Arbeitgeber ist. Die Versorgungsberechtigten haben keinen unmittelbaren Anspruch gegen die Konzernobergesellschaft, falls der Versorgungsschuldner ausfällt. Daher sollte es für ihren Anspruch auch nur auf den Versorgungsschuldner ankommen. Andernfalls würde auch das Risiko für den Pensions-Sicherungs-Vereins beeinflusst, weil dieser für die Solvenz des Versorgungsschuldners einsteht, letzterer aber keine Eingriffsmöglichkeit in die betriebliche Altersversorgung aufgrund seiner eigenen wirtschaftlichen Situation hätte.

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Ohne Bestätigung durch das BAG sollten sich Unternehmen nicht auf die Aussagen des LAG verlassen und im Regelfall eine Konzernbetrachtung unterlassen:

  • Unternehmen sollten sorgfältig prüfen, ob von einer "automatischen" einheitlichen Versorgung nur des letzten Arbeitgebers ausgegangen werden kann. Denkbar erscheint eine solche Konstruktion wohl allenfalls, indem unverfallbare Anwartschaften beim bisherigen Arbeitgeber aufrecht erhalten werden, der neue Arbeitgeber aber eine weitere Zusage unter Anerkennung der Vordienstzeiten im Konzern erteilt und über eine Anrechnungsregelung eine Doppelversorgung ausgeschlossen wird.
  • Rechtlich am sichersten ist auch bei konzerninternen Wechseln die Übertragung der Anwartschaften auf den neuen Arbeitgeber durch dreiseitige Vereinbarung, weshalb dies im Regelfall der vorzugwürdige Weg sein sollte.
  • Eine Verschlechterung von Versorgungsanwartschaften sollte derzeit nicht ohne weiteres mit der wirtschaftlichen Lage des Konzerns begründet werden. So lange ein solches Vorgehen vom BAG nicht bestätigt wurde, schwebt das Risiko der Unwirksamkeit über solchen Änderungen – ggf. über Jahrzehnte. Nur bei besonderen Verflechtungen innerhalb des Konzerns kann auf den Konzern abgestellt werden.

Verfasst von Thomas Frank.

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