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Am 10. Juni 2021 hat der Bundestag das Transparenzregister- und Finanzinformationsgesetz verabschiedet. Durch das voraussichtlich am 1. August 2021 in Kraft tretende Gesetz wird unter anderem das Transparenzregister von einem Auffang- in ein Vollregister umgewandelt.
Die Mitteilungspflichten werden mit der Gesetzesänderung für eine Vielzahl von Unternehmen umfangreicher. Bislang profitieren viele Unternehmen von einer im Geldwäschegesetz verankerten Meldefiktion. Diese Ausnahmevorschrift wird mit der Gesetzesänderung gestrichen. Betroffene Unternehmen müssen innerhalb der Übergangsvorschriften nun ihre wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister melden. Für die Immobilienbranche enthält die Gesetzesänderung ebenfalls wichtige Neuerungen für „Share Deals“ bereit. Die Bundesregierung rechnet mit einem Anstieg der eintragungspflichtigen Einheiten auf 2,3 Millionen. Durch das neue automatisierte Einsichtnahmeverfahren verspricht sich der Gesetzgeber gleichzeitig erhebliche Entlastungen für die Wirtschaft.
Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Änderungen zusammen.
Die Geldwäsche-Richtlinie 2015/839, die bereits bis zum 10. März dieses Jahres hätte umgesetzt werden müssen, sieht unter anderem eine Vernetzung der Transparenzregister der EU-Mitgliedstaaten vor. Durch die Vernetzung soll die Nutzung von Bankkonten- und Finanzinformationen erleichtert werden, um die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung sowie anderer schwerer Straftaten in der EU zu verbessern.
Das Transparenzregister soll Aufschluss über den oder die wirtschaftlich Berechtigten von meldepflichtigen Rechtseinheiten geben. Meldepflichtig sind unter anderem juristische Personen des Privatrechts (u.a. GmbH, AG, Verein) und eingetragene Personengesellschaften (KG, OHG) mit Satzungssitz in Deutschland. Die Pflichten gelten aber schon jetzt auch für ausländische Gesellschaften oder Trustees, sofern diese mit der Gesellschaft oder dem Trust Immobilien in Deutschland erwerben wollen.
Bisher galt die Mitteilung des wirtschaftlich Berechtigten erfüllt (sog. Meldefiktion), wenn sich die Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten zum Beispiel aus dem Handels- oder Partnerschaftsregister ergaben. Nur Rechtsträger, bei denen das nicht der Fall ist, werden zurzeit vom Transparenzregister „aufgefangen“. Mit anderen Worten müssen gegenwärtig nur diese Rechtseinheit ihren wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister melden.
Mit den bislang im deutschen Transparenzregister enthaltenen Daten ist der durch die EU-Geldwäscherichtlinie vorgesehene Informationsaustausch nicht möglich, weil für den Großteil der Gesellschaften keine strukturierten Datensätze vorhanden sind.
Aus diesem Grund soll das Transparenzregister von einem Auffang- in ein Vollregister umgewandelt werden. Durch diese Umwandlung sollen sich die wirtschaftlich Berechtigten aller Rechtsträger unmittelbar aus dem Vollregister ergeben.
Dies gilt auch für börsennotierte Gesellschaften: Gegenwärtig profitierten börsennotierte Unternehmen – sowie unter bestimmten Voraussetzungen deren Tochtergesellschaften – ebenfalls von einer Mitteilungsfiktion. Die Pflicht zur Mitteilung an das Transparenzregister galt unter den im Geldwäschegesetz genannten Vorschriften stets als erfüllt. Diese Privilegierung wird mit Inkrafttreten der Gesetzesänderung entfallen.
Mit dem Wegfall der Meldefiktion müssen zukünftig nahezu alle mitteilungspflichtigen Gesellschaften ihren wirtschaftlich Berechtigten nicht nur ermitteln, sondern auch an das Transparenzregister positiv melden. Lediglich für eingetragene Vereine wurde auf Vorschlag des Finanzausschusses eine Ausnahme beschlossen, wonach die registerführende Stelle anhand der im Vereinsregister eingetragenen Daten eine Eintragung in das Transparenzregister eigenständig vornehmen wird.
Die meldepflichtigen Rechtseinheiten sind dafür verantwortlich, dass die übermittelten Daten richtig und aktuell sind. Diese Pflicht wird durch eine entsprechende Bußgeldvorschriften flankiert.
Des Weiteren soll sich die Transparenzregisterpflicht künftig auch auf Share-Deals mit ausländischen Gesellschaftern als Erwerber erstrecken, sobald mit den zu erwerbenden Anteilen auch (mittelbar) inländisches Grundeigentum übergeht. Dabei erstreckt sich die Transparenzpflicht nur auf die ausländische Vereinigung, auf die Anteile einer Gesellschaft mit Grundeigentum in Deutschland übergehen sollen. Bislang stand eine Verpflichtung bereits für Vereinigungen mit Sitz im Ausland, wenn sie sich verpflichten, Eigentum an einer in Deutschland gelegenen Immobilie zu erwerben („Asset Deal“).
Das Beurkundungsverbot für Notare greift dadurch künftig auch ein, wenn eine ausländische Gesellschaft Anteile an einer Gesellschaft erwirbt, die Eigentümerin von inländischem Grundeigentum ist, und sie ihrer Mitteilungspflicht nicht nachkommt.
Das Gesetz sieht Übergangsfristen für bestimmte Vorschriften vor. Unternehmen, die bisher unter die Mitteilungsfiktionen des § 20 GwG fielen, müssen den Mitteilungspflichten je nach Rechtsform spätestens zwischen dem 31. März 2022 und dem 31. Dezember 2022 nachkommen:
bis zum 31. März 2022, sofern es sich um eine Aktiengesellschaft, SE, Kommanditgesellschaft auf Aktien handelt;
bis zum 30. Juni 2022, sofern es sich um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genossenschaft, Europäische Genossenschaft oder Partnerschaft handelt;
bis zum 31. Dezember 2022 für alle anderen Fälle.
Korrespondierende Bußgeldvorschriften werden um jeweils ein weiteres Jahr ausgesetzt.
Die Pflicht zur Abgabe einer Unstimmigkeitsmeldung aufgrund fehlender Eintragung wird aufgrund der zahlreichen Neuverpflichtungen in bestimmten Konstellationen bis zum 1. April 2023 aufgehoben.
Die Vorschriften über das automatisierte Einsichtnahmeverfahren treten erst am 1. Januar 2023 in Kraft.
Ein zentral strukturiertes und umfassendes Transparenzregister kann langfristig zu einer Entlastung bei der Durchführung geldwäscherechtlicher Sorgfaltspflichten der Verpflichteten im Rahmen individueller Geschäftsbeziehungen, beispielsweise mit Banken, Versicherungen und Immobilienmaklern führen.
Zeitgleich führen die Änderungen zu einem Mehraufwand für die betroffenen Gesellschaften. Bisher nicht eingetragene Gesellschaften müssen ihre wirtschaftlich Berechtigten ermitteln und die entsprechenden Eintragungen nachholen. Sämtliche Rechtsträger sind verpflichtet, ihre Angaben darüber hinaus fortlaufend zu überprüfen und Änderungen mitzuteilen.
Das vom Bundestag beschlossene Gesetz wird nun dem Bundesrat zugeleitet, der grundsätzlich die Möglichkeit hat, Einspruch gegen den Gesetzesbeschluss einzulegen.
Verfasst von Dr. Alexander Koch & Gesa Unland-Miramov