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15 November 2024
Mit Entscheidung vom 11.05.2021 hat das FG Münster (Az. 9 K 2274/19 G) entschieden, dass eine GmbH die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nicht in Anspruch nehmen kann, wenn sie Wohnungen an Senioren vermietet und die Mieter gleichzeitig im Sinne eines einheitlichen Konzepts mit einer Personengesellschaft mit übereinstimmendem Gesellschafterbestand Dienstleistungsverträge abschließen. In diesem Fall soll es sich um eine einheitliche gewerbliche Tätigkeit handeln, die den Ausnahmetatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG erfüllt, weil der Grundbesitz dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters dient.
Das Gute vorweg: Das Finanzgericht stellt nicht die Zulässigkeit der Aufteilung von vermögensverwaltender und gewerblicher Tätigkeit auf unterschiedliche Gesellschaften und die damit einhergehende gewerbesteuerliche Abschirmwirkung infrage. Es testet aber die Grenzen der Auslegung des Tatbestandsmerkmals "dienen" i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG aus.
Das FG Münster hatte darüber zu befinden, ob die gewerbliche Tätigkeit einer Personengesellschaft, die sie in Bezug auf den Betrieb einer Seniorenresidenz durch die klagende Kapitalgesellschaft auf dem Grundbesitz ihrer Gesellschafter erbringt, Auswirkung auf die Inanspruchnahme der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung hat.
Vorliegend errichtete die Klägerin auf im hälftigen Eigentum ihrer Gesellschafter stehendem Grundbesitz eine Seniorenresidenz, in der sie Wohnungen unterschiedlicher Größe an Senioren vermietete. Gleichzeitig betrieb eine Kommanditgesellschaft, bei der die Gesellschafter der Klägerin als einzige Kommanditisten fungierten, ein Café auf einem ihr überlassenen Teil des vorgenannten Grundstücks und bot den Bewohnern der Seniorenresidenz weitere Dienstleistungen (z.B. Reinigung, Wäscheservice, Hausmeisterdienst und Verpflegung) an.
Die Betriebsprüfung sowie das Finanzamt und ihm folgend letztlich das Gericht sahen zwar die Voraussetzungen der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung auf Ebene der Klägerin grundsätzlich als gegeben an, deren Anwendung sei aber aufgrund des Ausnahmetatbestands des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG ausgeschlossen.
Der Grundbesitz diene - basierend auf dem konkreten Sachverhalt - dem Gewerbebetrieb des Gesellschafters, weil die Vermietung an die Senioren und die Erbringung der Dienstleistungen untrennbar zusammenhingen und eine einheitliche gewerbliche Tätigkeit vorläge. So seien Wohnungsmietvertrag und Dienstleistungsvertrag vertraglich gekoppelt, weil beide Verträge den Bewohnern gemeinsam vorgelegt, erläutert und durch diese abgeschlossen wurden. Eine Kündigung des Dienstleistungsvertrags konnte ausschließlich gleichzeitig mit der Kündigung des Wohnungsmietvertrags erfolgen. Entsprechend warb die Klägerin in ihrem Internetauftritt mit dem "Gesamtangebot" und wies einzeln aufgeschlüsselte Gesamtpreise, die auch die Leistungen der Kommanditgesellschaft umfassten, aus. Zudem führe die erheblich über der ortsüblichen Miete liegende Kaltmiete und dafür äußerst geringe Vergütung der Serviceleistungen zu einer unangemessenen Gewinnverteilung, die dafürspräche, dass die Serviceleistungen sich preissteigernd auf den Mietpreis auswirken. Zudem sei die Abhängigkeit der Kaltmiete von der Anzahl der Bewohner der einzelnen Wohnung (pauschales Zusatzentgelt von EUR 95 pro zusätzlicher Person) eher im Rahmen einer gewerbsmäßigen Vermietung aufgrund des höheren Dienstleistungsaufwands üblich als im Rahmen der Vermögensverwaltung.
Da § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG eine Bevorzugung der Gesellschaften gegenüber Einzelpersonen vermeiden solle, sei das Tatbestandsmerkmal des "dienens" weit zu verstehen. Das Finanzgericht scheint § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG daher auch dann gelten lassen zu wollen, wenn im Fall der Erbringung der einheitlichen Tätigkeit durch eine natürliche Einzelperson aufgrund des hotelähnlichen und damit gewerblichen Charakters Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen würden. Es dürfte sich daher stets um eine abwägende Einzelfallentscheidung handeln.
Die Revision ist unter dem Az. III R 26/21 beim BFH anhängig. Bis zu einer Entscheidung des BFH ist man aufgrund der weiten Auslegung des FG Münster gut beraten, eine strikte vertragliche, konzeptionelle wie tatsächliche Trennung der vermögensverwaltenden Leistungen einerseits und der gewerblichen Dienstleistungen andererseits vorzunehmen, um die generell anerkannte Abschirmwirkung für die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung für die vermögensverwaltende Tätigkeit einer (nur) kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft zu bewahren.
Verfasst von Anja Brunthaler.