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Änderungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz – Mitarbeiterbeteiligung endlich zukunftsfest?

Mit dem kürzlich veröffentlichten Entwurf eines „Zukunftsfinanzierungsgesetzes“ hat die Bundesregierung auf die Kritik zur steuerlichen Behandlung von Mitarbeiterbeteiligungen reagiert. Die vorgesehenen Änderungen sind aus Sicht junger Unternehmen sehr positiv.

Hintergrund

Im Kampf um die besten Köpfe sind Start-ups sowie Scale-ups auf innovative Vergütungsmodelle angewiesen, um Mitarbeiter an ihr Unternehmen zu binden. Neben klassischen Bonuszahlungen kommt die Einräumung von Phantom Shares oder die Ausgabe von „echten“ Unternehmensanteilen in Betracht.

Im internationalen Kontext sind derartige Vergütungselemente üblich und erprobt. Aus deutscher Perspektive sind sie mit einigen steuerlichen Fallstricken verbunden.

Werden einem Arbeitnehmer zusätzlich zu seinem Arbeitslohn Vermögensbeteiligungen (z.B. GmbH-Anteile) am Unternehmen des Arbeitgebers unentgeltlich oder verbilligt überlassen, ist diese Überlassung grundsätzlich einkommensteuerpflichtig. Es sind dann Steuern zu entrichten, obwohl keine Liquidität zufließt („dry income“) und im Extremfall sogar Kredite zur Begleichung der Steuer aufgenommen werden müssen. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass die Gewährung von Vermögensbeteiligungen bislang steuerlich nicht besonders attraktiv war.

Aktuelle Rechtslage

An diesem wesentlichen Kritikpunkt der Branche setzt der 2021 neu eingefügte § 19a EStG an, der Einkünfte von Arbeitnehmern aus Vermögensbeteiligungen privilegiert. Zentrales Element von § 19a EStG ist die Gewährung eines Steueraufschubs. Vermögensbeteiligungen, die einem Arbeitnehmer am Unternehmen des Arbeitgebers eingeräumt werden, sollen nicht bereits im Zeitpunkt ihrer Einräumung an den Arbeitnehmer besteuert werden.

Der Steueraufschub gilt derzeit nur für Beteiligungen an Arbeitgeber-Unternehmen, die

  • weniger als 250 Personen beschäftigen und entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro erzielen oder deren Jahresbilanzsumme 43 Mio. Euro nicht überschreitet und
  • deren Gründung nicht mehr als 12 Jahre zurückliegt.

Ist der Steueraufschub anwendbar, erfolgt eine Besteuerung gegenwärtig erst, wenn

  • die Vermögensbeteiligung veräußert oder in ein Betriebsvermögen eingelegt wird;
  • seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung 12 Jahre vergangen sind; oder
  • das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber endet.

Die Handhabung von § 19a EStG hat sich nicht als besonders einfach erwiesen. Eine Reihe von Zweifelsfragen bei der Anwendung der Vorschrift hat das Bundesministerium der Finanzen bisher leider zulasten der steuerpflichtigen Arbeitnehmer gelöst.

Vorgesehene Änderungen durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz

Der kürzlich veröffentlichte „Entwurf eines Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen“ (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFinG) schlägt eine Reihe von Änderungen des § 19a EStG vor, die dem Steueraufschub eine breitere Anwendungsbasis verschaffen:

  • Da in der Praxis häufig die Gründer oder Investoren die betreffende Beteiligung gewähren, soll zukünftig auch die Einräumung durch einen Gesellschafter des Arbeitgebers privilegiert sein, § 19a Abs. 1 S. 1 EStG-E.
  • Zudem sollen auch Anteile an verbundenen Unternehmen erfasst werden (§ 19a Abs. 1 S. 3 EStG-E). Dies dürfte insbesondere Start-up-Gründer freuen, die unter Ausnutzung dieser steuerlichen Privilegierung zukünftig auch eigene Unternehmensanteile an anderen Unternehmen an Mitarbeiter übertragen könnten.
  • Die Schwellenwerte für die Anwendung von § 19a EStG sollen verdoppelt werden (§ 19a Abs. 3 EStG-E). In den Anwendungsbereich sollen nunmehr Unternehmen fallen, die aktuell oder in den vergangenen sechs Kalenderjahren weniger als 500 Beschäftigte sowie entweder einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 86 Mio. Euro haben bzw. hatten.
  • Die Gründung des Unternehmens darf zukünftig sogar bis zu 20 Jahre zurückliegen (§ 19a Abs. 3 EStG-E).

Ferner sieht das ZuFinG folgende Erleichterungen bei der (lohn-)steuerlichen Handhabung vor:

  • Die Lohnsteuer soll zu einem Pauschsteuersatz von 25 % erhoben werden (§ 19a Abs. 4a EStG-E).
  • Das steuerliche „Long Stop Date“ für den Steueraufschub wird auf 20 Jahre verlängert (§ 19a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 EStG-E).
  • Es soll keine Besteuerung ohne Veräußerung erfolgen, wenn der Arbeitgeber unwiderruflich erklärt, im Falle der Veräußerung für die anfallende Lohnsteuer zu haften, ohne sich der Haftung entziehen zu können. Dies ist zum Beispiel relevant, wenn der Mitarbeiter in das Ausland zieht und das Finanzamt die fälligen Steuern dort nicht eintreiben kann. Auch in diesen Fällen soll ferner die Pauschalbesteuerung mit 25 % angewendet werden können (§ 19a Abs. 4b EStG-E).
  • Ergänzend soll der Freibetrag in § 3 Nr. 39 EStG für die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung von Vermögensbeteiligungen auf 5.000 Euro pro Kalenderjahr erhöht werden. Wichtig ist allerdings, dass der auf diese Weise steuerfrei erhaltene Vorteil nicht zu den Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns gehören soll, wenn die Vermögensbeteiligung innerhalb von drei Jahren weiter übertragen wird (§ 20 Abs. 4b EStG-E). Dies führt zu einem höheren Veräußerungsgewinn.

Unsere Einschätzung

Die Änderungen sind sehr erfreulich und deutlich an den Erfordernissen aller Beteiligten ausgerichtet. Die deutliche Ausweitung des Anwendungsbereichs des Steueraufschubs ist zu begrüßen. Die niedrigen Schwellenwerte waren bisher ein zentraler Kritikpunkt. Die Neuerungen dürften besonders für Scale-ups interessant sein, deren Mitarbeiter zukünftig ebenfalls in den Genuss des Steueraufschubs kommen könnten. Zudem erhalten Unternehmen durch die Einbeziehung von Beteiligungen an verbundenen Unternehmen sowie die Einräumung durch Gesellschafter des Arbeitgebers deutlich mehr Flexibilität.

Abzuwarten bleibt, welche Modifikationen im Gesetzgebungsverfahren erfolgen werden. Schließlich müssen die Neuerungen noch den Praxistest bestehen. Dabei wird weiterhin ein großer Beratungsbedarf für junge Unternehmen bestehen, die Vermögensbeteiligungen an ihre Mitarbeiter vergeben wollen.

Die Änderungen im Überblick

Anwendungsbereich

 

Aktuelle Rechtslage

ZuFinG-Entwurf

Schwellenwerte

Weniger als 250 Beschäftigte und

  • Jahresumsatz < 50 Mio. Euro oder
  • Jahresbilanzsumme < 43 Mio. Euro

 

Weniger als 500 Beschäftigte und

  • Jahresumsatz < 100 Mio. Euro oder
  • Jahresbilanzsumme < 86 Mio. Euro

 

Betrachtungszeitraum für Erfüllung der Schwellenwerte

Aktuelles oder vergangenes Kalenderjahr

Aktuelles oder vergangene sechs Kalenderjahre

Alter des Unternehmens

Bis zu 12 Jahre

Bis zu 20 Jahre

Einräumung von Anteilen durch Gesellschafter des Arbeitgebers möglich?

Nein

Ja

Einräumung von Anteilen an verbundenen Unternehmen möglich?

Nein

Ja

 

Umfang der steuerlichen Privilegierung

 

Aktuelle Rechtslage

ZuFinG-Entwurf

Long Stop Date

12 Jahre

20 Jahre

Verlängerungsoption?

Nein

Ja, in Fällen des Ablaufs von 20 Jahren oder bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer späteren Veräußerung, wenn Arbeitgeber Haftung für die Lohnsteuer übernimmt; Pauschbesteuerung mit 25 % möglich

Besteuerung mit pauschalem Steuersatz möglich?

Nein

Ja, 25 %

Freibetrag für Zuwendungen

1.440 Euro

5.000 Euro

Wichtig: Steuerfrei erhaltener Vorteil zählt nicht zu den Anschaffungskosten

 

 

Verfasst von Mathias Schoenhaus und Vanessa Rinus.

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